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Control- und Invoice-Policy in Odoo
Wann sollte eine Rechnung gebucht werden?
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Control- und Invoice-Policy in Odoo
Wann sollte eine Rechnung gebucht werden?
November 2025 | Finance & Accounting | ERP
In Odoo gibt es zwei zentrale Einstellungen zur Rechnungsbuchung: die Control-Policy für Eingangsrechnungen und die Invoice-Policy für Ausgangsrechnungen. Beide werden pro Produkt definiert und legen fest, ob eine Rechnung basierend auf gelieferten Mengen (Delivered Quantities) oder bestellten Mengen (Ordered Quantities) erstellt wird.
Delivered Quantities: Die Rechnung kann erst nach Lieferung bzw. Wareneingang gebucht werden.
Ordered Quantities: Die Rechnung kann jederzeit gebucht werden.
Wann eignet sich also welche Einstellung und worauf ist zu achten?
Herausforderung im Multi-Company-Setup
Besonders im Multi-Company-Umfeld und bei internationalen Lieferbeziehungen kann der Zeitraum zwischen Rechnungsstellung und physischem Wareneingang erheblich variieren.
Während eine Lieferung innerhalb Deutschlands meist unproblematisch ist, sieht es bei Sendungen von China nach Europa oder in die USA anders aus.
Unsere Erfahrung zeigt, dass die Control-Policy für Eingangsrechnungen meist so gesetzt ist, dass ein Wareneingang Voraussetzung für die Buchung ist. Bei Ausgangsrechnungen spielt die Invoice-Policy eine geringere Rolle, da Unternehmen den Liefer- und Rechnungsprozess selbst steuern.
Praxisbeispiel: Ware aus Fernost
Ein Unternehmen bestellt Ware aus Fernost mit den Incoterms "Ex Works" oder "Free on Board". Die Ware wird per Schiff transportiert und benötigt sechs Wochen bis zur Ankunft.
Zwei Buchungsoptionen
1) Mit Transit-Lager
Lieferant sendet am 25. Januar die Lieferpapiere und Rechnung.
Wareneingang wird sofort gebucht (Eigentumsübergang bereits erfolgt).
Ware erscheint in der Bestandsbewertung, bleibt aber unverfügbar.
Physische Ankunft im März löst einen Lagertransfer aus.
2) Ohne Transit-Lager
Wareneingang wird erst bei physischer Lieferung gebucht.
Eingangsrechnung muss dennoch vorher erfasst werden.
Gefahr einer GuV-Verzerrung durch fehlenden Bestandseffekt.
Achtung: Eine "Nichteinbuchung" der Ware in Transit ist keine Option. Das wäre buchhalterisch falsch.
Lösung mit Ordered Quantities & Abgrenzungsbuchungen
Die Control-Policy = Ordered Quantities ermöglicht eine frühzeitige Buchung der Eingangsrechnung (z. B. am 25. Januar). Dies führt zu einer entsprechenden Buchung im Continental-Accounting: Materialaufwand an Verbindlichkeiten LL
Über die syscoon-Abgrenzungs-App kann der fehlende Bestandseintrag simuliert werden: Ware in Transit an Bestandsveränderung (Accrual)
Wir empfehlen die Nutzung eines separaten Kontos, da Standard-BV-Konten nur für Automatikbuchungen vorgesehen sind.
Vorteile im Intercompany-Bereich
Wird die Ware zwischen zwei Konzerngesellschaften verschickt, kann die empfangende Gesellschaft die Eingangsrechnung bereits verbuchen, ohne den physischen Wareneingang abwarten zu müssen.
Die syscoon Accrual-App sorgt dafür, dass die Bestandserhöhung am Monatsende automatisch eingebucht und am Folgetag storniert wird.
Extremfall: Lieferung am Monatsende
Wird eine Ware am 31. Januar verschickt und in Rechnung gestellt, müssen Ein- und Ausgangsrechnung ebenfalls zum 31. Januar gebucht werden.
Ohne Abgrenzung und mit Control-Policy = Delivered Quantities muss sichergestellt sein, dass die Tochtergesellschaft den Wareneingang am selben Tag in ein virtuelles Lager bucht.
Durch Zeitverschiebungen ist dies jedoch oft nicht praktikabel.
Fazit
Unternehmen mit Ware in Transit oder im Multi-Company-Setup sollten die Control-Policy gezielt anpassen.
Delivered Quantities eignet sich, wenn der physische Wareneingang als Voraussetzung für die Rechnungsbuchung gilt.
Ordered Quantities ist optimal für internationale Lieferketten und Intercompany-Buchungen.
