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Continental vs. Anglo-Saxon 
Accounting in Odoo

Teil 1: Grundlagen

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Continental vs.
Anglo-Saxon 
Accounting 
in Odoo


Teil 1: Grundlagen

Januar 2025   ​|   ​Finance & Accounting


Die Wahl der richtigen Buchungsmethode ist ein entscheidender Faktor für eine präzise Finanzbuchhaltung. Odoo bietet mit Anglo-Saxon Accounting und Continental Accounting zwei unterschiedliche Buchungsmethoden zur Bewertung von Lagerzugängen und -abgängen, die jeweils eigene Vor- und Nachteile mit sich bringen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass diese Begriffe nicht eins zu eins mit den Konzepten des Gesamtkostenverfahrens und des Umsatzkostenverfahrens gleichzusetzen sind – hierzu später mehr. 
Doch welche Methode ist die Richtige für Ihr Unternehmen? Und wie lassen sich Fallstricke wie Periodenverschiebungen oder fehlerhafte Bestandszuordnungen vermeiden? 
In diesem ersten Artikel der Reihe werfen wir einen detaillierten Blick auf beide Buchungsmethoden, zeigen Herausforderungen auf und geben praxisnahe Empfehlungen für eine korrekte Umsetzung in Odoo.



Anglo-Saxon Accounting

Im Anglo-Saxon-Verfahren erfolgt der Wareneingang vollständig erfolgsneutral. Vergleichbar mit dem aus der SAP-Welt bekannten WERE-Konto, wird der Wareneingang im Haben und die Rechnungsbuchung im Soll auf das Konto „Stock Interim (Receipt)“ gebucht. Beim Verkauf wird der Warenausgang im Soll auf das Konto „Stock Interim Delivered“ erfasst. Erst bei der Rechnungsstellung erfolgt eine weitere Buchung, bei der das COGS (Cost of Goods Sold / Materialaufwand) im Soll und das Konto „Stock Interim (Delivered)“ im Haben angesprochen werden. Dadurch wird der Materialaufwand exakt dem Verkaufszeitpunkt zugeordnet.

Continental Accounting

Im Continental Accounting hingegen wird der Wareneingang im Haben gegen ein Bestandsveränderungskonto (Erhöhung) gebucht. Die zugehörige Rechnungsbuchung führt im Soll eine Buchung auf das Konto Materialaufwand aus. Auch hier ergibt sich im Normalfall ein ergebnisneutraler Gesamteffekt.

Wichtige Aspekte und Fallstricke

1. Timing-Problematik im Continental Accounting

Ein potenzieller Nachteil der Continental-Methode liegt in der Periodenverschiebung zwischen Wareneingang und Rechnungsstellung. Sollte der Wareneingang in einer früheren Periode erfasst werden, die Rechnung jedoch erst später eintreffen, entsteht ein ungewollter Ergebniseffekt (gleiches gilt vice versa):
  • In der ersten Periode wird die Bestandserhöhung als Ertrag ausgewiesen.
  • In der zweiten Periode führt die Rechnungsbuchung zu einem Aufwand.
Beide Perioden sind also für sich genommen falsch bzw. verzerrt.
Daher ist bei dieser Methode ein sorgfältiges Periodenmanagement essenziell, um falsche Ertrags- und Aufwandseffekte zu vermeiden (dazu in den Folgeteilen mehr).

2. Bestandsveränderung und ihre korrekte Zuordnung

Der Begriff Bestandsveränderung ist grundsätzlich für alle Materialarten verwendbar. Allerdings wird er in der deutschen HGB-GuV in der Regel nur für unfertige und fertige Produkte genutzt. Für Handelswaren und Rohstoffe existieren ebenfalls Bestandsveränderungen, jedoch sollten diese innerhalb des Materialaufwands gezeigt werden (gerne auf extra Konten, bspw. "Materialaufwand HW - Bestandserhöhung"!).
Daher ist es essenziell, bei der Wahl der Produktkategorien in Odoo genau darauf zu achten, dass die richtigen Bestandsveränderungskonten zugewiesen werden und in den Kategorien bereits dieser Buchhaltungs-Aspekt berücksichtigt wird.

Empfehlung zur Kontentrennung:
Wir empfehlen, für Wareneingänge und Warenausgänge unterschiedliche Bestandsveränderungskonten zu konfigurieren, also:
  • Bestandserhöhung für Wareneingänge
  • Bestandsverringerung für Warenausgänge
Der genaue Grund für diese Trennung wird später ausführlicher erläutert.

Gesamtkostenverfahren vs. Umsatzkostenverfahren

Nun zurück zur Einordnung der Methoden im Kontext von Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren:
  • Die Continental-Methode entspricht eindeutig dem Gesamtkostenverfahren.
  • Die Anglo-Saxon-Methode hingegen ist nicht direkt mit dem Umsatzkostenverfahren gleichzusetzen, sondern betrifft nur die Bruttomarge (Umsatz und COGS).
Das eigentliche Umsatzkostenverfahren basiert auf einer Matrix-Organisation zwischen Konten und Kostenstellen. Dies ist in der Standard-GuV von Odoo nicht abgebildet. Mit den in den Odoo-Sheets integrierten syscoon-Formeln ließe sich allerdings auch problemlos eine GuV nach dem Umsatzkostenverfahren aufbauen!

Workaround für das Umsatzkostenverfahren in Odoo

Da Odoo standardmäßig keine Aufteilung von Personalaufwand auf verschiedene Funktionsbereiche wie SG&A, R&D oder Sales vorsieht, kann dies durch eine manuelle Buchungslösung erreicht werden. Ein pragmatischer Workaround besteht darin, separate Personalaufwandskonten für jeden Bereich anzulegen. Nicht die eleganteste Lösung...


Der nächste Teil dieser Reihe wird näher auf die praktischen Auswirkungen der beiden Methoden eingehen und erläutern, wann welche Buchungsmethode sinnvoll ist.




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